Ein Urlaub mit Kleinkind – das ist ein großes Abenteuer. Braucht es da eine Kleinkindbetreuung? Wie geht es den Kindern damit? Und was machen wir da überhaupt die ganze Zeit? Ein Erfahrungsbericht  aus der Perspektive einer, die es wissen muss: lasst Euch entführen in eine Welt der ungeteilten Aufmerksamkeit und der absoluten Entschleunigung.

Warum Kleinkinder so besonders sind


Ich bin Mechthild. Seit 2002 arbeite ich als vamos-Betreuerin für Kinder und Jugendliche der unterschiedlichsten Altersgruppen – und einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen hat dabei die verantwortungsvolle Aufgabe der Kleinkindbetreuung.

Dieses ganz spezielle Alter, in dem Kinder in gewisser Weise am anstrengendsten sind: sie sind schon mobil, aber noch kann man nur sehr bedingt an ihren Verstand appellieren. Daher muss man sie jeden, wirklich jeden Moment im Auge behalten. Dieses Alter aber auch, indem Kinder in gewisser Weise am lustigsten sind: täglich entdecken sie die Welt neu und Neues in der Welt – und erstaunen und bereichern uns Erwachsenen mit den witzigsten Worten, Taten und Ideen.

Doch geht das überhaupt, eineinhalb bis zweijährige Kinder im Rahmen eines Familienurlaubes so zu betreuen, dass nicht nur die Eltern, sondern vor allem auch die Kinder selbst voll und ganz auf ihre Kosten kommen?

Ich möchte Euch das Geheimnis lüften, wie es gelingen kann, dass aus einer Handvoll zusammengewürfelter Kleinkinder im Nu eine harmonische Kindergruppe wird. Und wie ich als Betreuerin dabei mit viel Einfühlungsvermögen (und ein paar kleinen Tricks mit großer Wirkung) jedem einzelnen und allen zusammen einen sicheren Rahmen gebe, um alle mit ins Boot zu holen.

Lasst uns also eintauchen in einen Kennenlerntag, bei dem ein paar kleine Menschen mit ganz unterschiedlichen Charakteren aufeinandertreffen – vielleicht könnt Ihr in dem einen oder anderen ja Eigenheiten Eures Kindes wiedererkennen?

Ankommen im Kinderhaus – der erste Tag beginnt


Montag Morgen, zehn vor neun. Ich stopfe mir schnell noch ein paar Luftballons in die Hosentaschen, und auf geht’s! Heute findet die erste Kleinkindbetreuung mit der neuen Gruppe statt, 5 Kinder werden es sein. Gestern beim Infococktail habe ich ihren Eltern das Programm vorgestellt und all ihre Fragen beantwortet. Für ein gutes Gelingen sind sie meine wichtigsten Verbündeten – wenn sie mir voll und ganz vertrauen können, spüren das die Kinder, und der Abschied wird ihnen leichter fallen.

Emil und sein Papa warten schon vor dem Kinderhaus. Mit seinen zweieinhalb Jahren ist er diese Woche einer der drei „Großen“ in der Gruppe. Noch versteckt er sich hinter seinem Papa, lugt dabei aber neugierig und schelmisch hinter dessen Beinen hervor. Ich begrüße ihn, plaudere mit seinem Vater, schließe die Tür auf. Dabei erfahre ich, dass Emil beim Frühstück schon freudig vom Kinderhaus sprach, das hat er nämlich gestern schon mit seinen Eltern besichtigen dürfen.

Sein Vater überreicht mir den ausgefüllten Kinderpass. Dort lese ich, dass Emil keine Windeln mehr trägt, man ihn aber regelmäßig erinnern muss, auf die Toilette zu gehen. Emil hat derweilen die Lage sondiert und eine Entscheidung getroffen: blitzschnell flitzt er rüber zur Kuschelecke, schnappt sich eines der ausgelegten Bilderbücher und beginnt darin zu blättern.

Vertrauen aufbauen – der Schlüssel zum gelungenen Start


Da kommt Linus Mama zur offenen Tür herein, sie träg ihren Sohn auf dem Arm. Er ist knapp zwei, gestern wurde mir schon berichtet, dass er gerade in der Kita-Eingewöhnung ist. Das klappt soweit ganz gut, aber bisher nur für begrenzte Zeit – nach spätestens zwei Stunden fängt er an, hartnäckig die Rückkehr seine Eltern einzufordern. Gerade nuckelt er konzentriert an seinem Schnuller und betrachtet mich aufmerksam.

„Er hat hier seine Wickeltasche und Trinkflasche und Wechselklamotten in seinem Rucksack“, informiert mich seine Mutter, „wir würden ja gleich gerne kurz ins Dorf fahren und ein bisschen Bargeld abheben, haben wir Samstag beim Einkaufen ganz vergessen.. – wäre das okay für Dich?“. Linus streckt seinen Arm aus und zeigt auf Emil in der Kuschel-Lese-Ecke. Er wirkt stabil auf mich. „Ja gerne“, antworte ich lächelnd. „Er ist ja hier in guten Händen, und in guter Gesellschaft obendrein! Und wie gesagt, wenn was sein sollte rufe ich Euch an!“. „Wunderbar, danke Dir!“. Sie begleitet ihren Sohn zu den Büchern und zu Emil, dessen Vater sich gerade von ihm verabschiedet – da überschlagen sich die Ereignisse!

Ich höre Stimmen von draußen, viele Stimmen die sich dem Kinderhaus nähern, und Weinen, und Lachen – und schon spaziert Marlene zur Tür herein. Mit Rucksack auf dem Rücken und Kuscheltier im Arm! Sogar ihren Kinderpass reicht sie mir persönlich, „hallo“, grinst sie mich dabei stolz und vorfreudig an, dann gilt ihre ganze Aufmerksamkeit den anderen Kindern.

Sie ist Kita-Profi. Gnädigerweise hat sie ihren Eltern heute erlaubt, sie bis zur Türschwelle zu begleiten, mit etwas Abstand aber bitte! „Na dann, bis später!“, rufen diese ihr lachend hinterher, da kommt sie noch mal für einen blitzschnellen Abschiedskuss zurückgeflitzt.

Mit im Schlepptau hatte Marlene außerdem noch Lina, beidseitig an den Händen ihrer Eltern, und eine schluchzende Alba auf dem Arm ihres Papas. „Sie muss sich noch kurz vom Abschied von meiner Frau erholen, wir bleiben noch einen Moment hier draußen“, gibt mir dieser zu verstehen. Und so unterhält er sich vor dem Kinderhaus mit Marlenes Eltern über Ausflugspläne, und darüber, ob es sich lohnt, mit Kleinkind die Museen und Kirchen der nächsten größeren Stadt zu erkunden.

So unterschiedlich, so wunderbar


Lina ist gerade eben so anderthalb, hat vor zwei Wochen angefangen zu laufen und setzt ihren Weg unbeirrt fort, mitten hinein ins Kinderhaus. Sie ist großer Fan ihrer Urlaubsnachbarin Marlene, und überhaupt sehr offen und sozial interessiert. Mit sogenannter Fremdbetreuung hat sie aber noch keinerlei Erfahrung. Dementsprechend ahnt sie noch gar nicht, was hier der Plan ist – dass das Kinderhaus für Kinder ist, ich ihre Bezugsperson werden könnte und ihre Eltern eine Weile weg sein würden. Nach dem Urlaub wird sie in eine recht große Kita kommen, daher möchten die Eltern ihr hier gerne die Möglichkeit geben, das schon mal in kleinem Rahmen auszuprobieren. Gleichzeitig möchten sie aber auf gar keinen Fall etwas erzwingen, um negative Referenzerfahrungen zu vermeiden, so kurz, bevor es dann bald ernst wird im Alltag ihrer Tochter.

Ich habe ihnen gestern bereits versichert, dass ich mich im Ernstfall umgehend bei ihnen melden werde. Nun aber sitzt sie erst mal freudig und auf Tuchfühlung mit ausgestreckten Beinchen neben... Marlene, natürlich!

Während ich noch kurz Sachen sortiere, kommt plötzlich Emil herüber. „Vorlesen?“, fragt er, und streckt mir erwartungsvoll das Bilderbuch entgegen. Wunderbar, denke ich, er hat mich also schon als Bezugsperson eingeordnet. „Ja, das kann ich machen! Wir setzten uns jetzt gleich kurz mal alle zusammen, und singen unser Anfangslied, und dann lese ich Dir das gerne vor, okay?!“. Er nickt zustimmend.

Da kommt Alba auf dem Arm ihres Papas herein, ihre Tränen sind getrocknet. Ich begrüße sie, merke, dass sie nicht zu viel direkte Aufmerksamkeit möchte und biete ihrem Vater an, sich doch einfach mit ihr zusammen zu uns in den Kreis zu setzen. Linas Mutter gibt mir derweilen ein kurzes Zeichen und setzt sich mit einem kleinen Kinderstuhl unbemerkt draußen vor der Tür in die Sonne, sie hat ihre Urlaubslektüre dabei.

Und dann singen wir! Das heißt, genau genommen singe ich. Bei Marlene dürfen wir anfangen. „Hallo, Marlene, schön dass Du da bist, wir wollen Dich begrüßen... mit Händen, und mit... Füßen!“. Sie freut sich. Dann Lina. Die wundert sich. Und Linus, der immer noch konzentriert an seinem Schnuller nuckelt... als er seinen Namen hört, grinst er verschmitzt. Dann Alba, die versteckt sich, aber muss auch ein bisschen lächeln. Das stimmt mich zuversichtlich. Dann ich, und dann Emil. Der hat das Spiel schon durchschaut, er singt mir einzelne Worte hinterher und winkt eifrig mit Händen, und mit Füßen. Dieses Lied wird uns durch die ganze Woche begleiten, kleine Kinder lieben Rituale. Und Sicherheit gibt es ihnen auch.

Abschied auf Zeit – wie Eltern loslassen und Kinder Halt finden


Während ich Emil anschließend das Buch vorlese, spielen die anderen nebenher mit Bauklötzen. Das lockt auch Alba aus dem Arm ihres Papas. Sie bleibt zurückhaltend, aber ihre Neugier wächst. Linas Mamma schaut herein, sagt „Lina?! Ich gehe mal rüber zur Ferienwohnung, möchtest Du hier bei den Kindern bleiben und bei Mechthild?“. Lina überlegt. Schaut auch mich kurz prüfend an, offenbar kann sie meinen Namen schon meiner Person zuordnen. Dann der Blick zu Marlene, und sie nickt. Sie will bleiben.

„Vielleicht versuche ich es auch mal...“, sagt Albas Papa und deutet an, sich vom Fußboden zu erheben. Doch da hat er die Rechnung ohne seine Tochter gemacht, die schlägt sofort Alarm und springt zurück in seine Arme. Wie ich das einschätze, wird das erst mal nichts mit Alba und einem harmonischen Abschied. Ich versichere ihrem Vater, dass er gerne auch noch eine Weile dabei bleiben darf.

Dann beobachte ich noch mal besonders aufmerksam die anderen vier, sie spielen alle sehr selbstvergessen, die Lage ist eindeutig stabil. Und Albas Papa sieht schon ein bisschen so aus, als würde er sich über ein Stündchen absolute Entspannung sehr freuen können. Kein Wunder, sie hatten leider Stau auf ihrer Anreise, und ihre Tochter ist notorische Sehr-Früh-Aufsteherin!

„Wenn Du möchtest“, sage ich ihm, „können wir es gleich draußen, während der Obstpause, mit einer entschlossenen Übergabe versuchen. Fünf Minuten Drama kann ich handlen, und ich habe da ein paar Tricks... Aber nur, wenn Du ein gutes Gefühl dabei hast.“. Er überlegt kurz. Er kennt das aus der Kita, da ist morgens auch immer erst einmal Gebrüll. Kann er mir das zumuten, wo ich doch noch die anderen Kinder da habe? Und will er seiner Tochter das zumuten, auch jetzt im Urlaub? „Und wenn sie sich nicht beruhigt, rufe ich Euch an. Es soll ihr ja schließlich gut gehen!“, ergänze ich.

Eine halbe Stunde später sitzen wir alle gemeinsam im Schatten eines Wacholderbaumes, das bunte Schwungtuch dient uns dabei als überdimensionale Picknickdecke, und ich schneide Apfelspalten. Die Freude ist groß, welch ein Festmahl! Und Essen schafft und stärkt Vertrauen, auch die ganz simplen Mechanismen der kindlichen Entwicklung darf man sich als Kleinkindbetreuerin zu Nutzen machen.

Apfelstücke und Schwungtuch – kleine Rituale, große Wirkung


Albas Papa erhebt sich unauffällig, seine Tochter wühlt gerade hingebungsvoll mit den anderen Kindern in der Schüssel voller Apfelstückchen. Doch dann hat sie’s bemerkt, und schwupp hängt sie an seinem Bein. „Nein! Papa! Hier!“. Er nimmt sie hoch, ich stehe auf, „so schau, Alba, ich gehe jetzt mal in die Ferienwohnung den Abwasch machen. Und Du bleibst hier noch ein bisschen mit den Kindern und mit Mechthild und bald komme ich Dich wieder abholen!“. Sie ist nicht überzeugt, die Tränen fließen. Beherzt reicht er sie mir trotzdem herüber und verschwindet entschlossen hinter der nächsten Hausecke. „Papa!!!“, weint sie. Wirft ihren Kopf dabei aber gegen meine Schulter, hält sich an mir fest, das ist ein gutes Zeichen für den Anfang – in diesem Moment des Abschiedsschmerzes windet sie sich nicht aus meinen Armen, sondern akzeptiert mich schon als Bezugsperson, die ihr Trost und Sicherheit spenden kann.

„Ja, Dein Papa kommt gleich wieder. Der geht jetzt nur mal kurz Abspülen“, rede ich auf- und abwippend mit beruhigender Stimme auf sie ein. Die anderen Kinder schauen mit großen Augen zu uns auf, lassen sich durch den dramatischen Moment aber nicht vom Apfel mümmeln abhalten. Ich setzte mich mit Alba auf dem Arm zu ihnen herunter. „Möchtest Du auch noch ein Stückchen Apfel?“. Sie schüttelt ihren Kopf an meiner Schulter, ein feuchter Tränen-Rotze-Speichel-Fleck ziert inzwischen mein T-Shirt. Auch das gehört zum Leben einer Kleinkindbetreuerin.

Wie es weitergeht ...

...wie ich es schaffe, auch Alba mit ins Boot zu holen, wer einfach davonspazieren möchte und wie wir gemeinsam den weiteren Tag verbringen, lest Ihr bald in Teil 2 meiner Erzählung. Dort werde ich Euch auch verraten, an welchen der Reiseziele mit Kleinkindbetreuung die vamos-Kleinkindbetreuung angeboten wird.

 

P.S.: Mit oder ohne Betreuung – wo kann man mit Kleinkind am Besten Urlaub machen? Meine Erfahrungen im direkten Kontakt mit unzähligen Familien lässt mich zu dem Schluss kommen: diese Frage lässt sich so pauschal nicht beantworten! Die Bedürfnisse an einen Familienurlaub mit Kleinkind sind nämlich genauso individuell und unterschiedlich, wie die kleinen Protagonist:innen meiner Erzählung.

Daher kann ich Euch einen persönlichen Beratungstermin wirklich sehr ans Herz legen!

Gastbeitrag von Mechthild Aufurth, Kinder- und Gästebetreuerin bei vamos Reisen